Warum eigentlich «Glockenhof»?

Seit 112 Jahren gibt es die Gloggi-Pfadi. Aber warum heissen sie eigentlich so? Der Name «Glockenhof» geht auf eine Glocken­giesserei zurück. Sie wurde 1490 von der Zürcher Glockengiesser­familie Füssli eingerichtet, dort wo heute das Hotel und das Zentrum Glockenhof stehen. Die Füsslis hatten schon vorher am Rennweg Glocken und Haushaltgeräte gegossen

Bildquellen: Schweizerisches Nationalmuseum: Die grosse Glocke von Knonau (Jahresbericht 1923), Schweizerisches Nationalmuseum: Von der Spanischen Suppe zum Potpourri (Blogbeitrag 2018, mit freundlicher Genehmigung), Die Schweiz, schweizerische Illustrierte Zeitsschrift 1898 .

Die Glocken wurden weitherum für ihre gute Qualität und ihren schönen Ton geschätzt. Ebenso bekannt waren die Suppentöpfe (Mitte). In ihnen köchelte am Sonntag, wenn alle in der Kirche waren, der Eintopf fürs Mittagessen schön lange vor sich hin. Sehr gut verkauft wurden auch Geschütze, im Bild die grösste gegossene Kanone «Mercurius», die lange im Hof des Landesmuseums stand.

An den Korpsbesammlungen im Hof des Landesmuseums haben sich Generationen von Gloggi-Pfadi also vor Kanonen aus der Giesserei im Glockenhof getroffen.

Die Gebäude der Giesserei mit den qualmenden Kaminen wurden später so dargestellt (e-rara).

Auf Youtube sind verschiedene Filme vorhanden, die zeigen, wie heute grosse Glocken gegossen werden, z.B. https://www.youtube.com/watch?v=qxXcinzvO8E

Das Giessen brauchte sehr viel Holz und dafür war die Lage des Glockenhofs ideal. Die Holzstämme aus dem Sihlwald wurden auf Sihl und Sihlkanal bis fast vor die Giesserei geflösst. Auf diesem Auschnitt aus der Meriankarte von 1642 (e-rara) sieht man gut, wo die Holzstämme aus dem Wasser geholt (roter Kreis), und dann in den Glockenhof gebracht wurden (blauer Kreis).

Der Sihlkanal verschwand später aus dem Stadtbild. Auf dem Plan der Stadt Zürich nach Breitinger von 1867 ist er noch gut sichtbar:

Die Sihl diente später als Herausforderung für viele «Pfadiübungen». Hier Wölfe und Pfadi Ende der 1960er-Jahre bei einer Sihlüberquerung. Niemand dachte wohl daran, dass hier einst Baumstämme aus dem Sihlwald vorbei geflösst wurden.

Die Giesshütte brannte 1830 ab. Die Füsslis stellten darauf den Giessereibetrieb ein. Das Gelände mit dem noch bestehenden Wohnhaus, dem «Glockenhaus» kaufte Kaspar Escher, Mitgründer der Firma Escher Wyss. Er vererbte es seiner Tochter Matthilde Escher, die darauf die St.-Anna-Kapelle und ein Heim für körperlich behinderte Kinder bauen liess. (Schon lange vorher hatte eine St.-Anna-Kapelle vor der Stadtmauer, auf der gegenüberliegenden Strassenseite bestanden. Der Name des Warenhauses St. Annahof erinnert noch daran, auch an den gleichnamigen Friedhof, der oben auf Karte und Zeichnung zu sehen ist.)
Das Heim der Matthilde-Escher-Stiftung, das bis heute besteht, brauchte mit der Zeit mehr Platz. Die Stiftung verkaufte deshalb das Glockenhof-Gelände an den CVJM und das Freie Gymnasium. Die St. Anna-Kapelle wurde neu errichtet, Gymnasium (heute Bürogebäude) Hotel und Vereinshaus Glockenhof entstanden 1911 in ihrer heutigen Form:

Und hier gründete der 17 Jahre alte Sekretariatsgehilfe des CVJM, Emil Dändliker 1912 innerhalb der Knabenabteilung eine Pfad­findergruppe. Was lag näher, als sie Glockenhof zu nennen?

Glocken tauchen deshalb in der Gloggi-Geschichte immer wieder auf. Auch im Gloggi-Archiv bewahren wir eine auf. Es ist die Glocke, die der Gloggi (hier der damalige Korpsleiter Riss) 1975 den Manegg-Pfadi zu ihrem 50-Jahr-Jubiläum schenkte.

Nachrichten weitergeben

Am Gloggenair konnte man bei der Archivgruppe eine kurze Nachricht nur mit den Armen, also per «Semaphor» weitergeben. Jede Armstellung bedeutet einen Buchstaben. Was für fast alle neu war, war früher für die Wölfe eine Selbstverständlichkeit.

Download Semaphor-Alphabet (Wikimedia Commons)

16 Buchstaben in der Minute konnte ein Wolf in den 1940er-Jahren «semaphörlen». Man war (wie hier 1942 im GP) stolz darauf, etwas zu können, das sonst nur noch die Matrosen konnten:

Auch die Pfadis brauchten Semaphor für kurze Distanzen:

Gruppenbuch Gemse, Tell 1938

Im GP wurde in den 1940er-Jahren empfohlen, sofort nach dem Aufstehen im kalten Schlafzimmer sämtliche Semaphor-Zeichen vor dem Spiegel zu üben, dann habe man mit Sicherheit wieder warm.

aus dem GP 1941

Im Alltag war das Telefon natürlich schneller. Weil bis in die 1950er-Jahre aber lange nicht alle eine Telefon hatten, wurden Nachrichten, wann man sich treffe als «Alarm» weitergegeben:

Gruppenbuch Wulp 1940

Wer kein Telefon hatte, wurde zu Fuss, per Trotinett oder Velo informiert. Vom Telefon im nahen Restaurant meldete man dann, dass man die Nachricht erhalten habe.

An ihren Anlässen hatten die Pfadi aber den den Ehrgeiz, Nachrichten über möglichst grosse Distanzen weiterzugeben.

Gruppenbuch Tell 1930

Am Tag konnte man sich mit solchen Winkerscheiben und dem Morsealphabet (-> Pfadiwiki) kilometerweit verständigen. Das hatte aber natürlich den Nachteil, dass alle, die morsen konnten, die Nachricht ebenfalls lesen konnten.

Deshalb chiffrierte man wenn nötig die Meldungen. Hier ein Beispiel aus dem GP 1937: Jeder Buchstabe wurde durch zwei andere ausgedrückt. Statt p wurde GH gemorst. Pfadi hiess dann

GH/QB/AB/KB/GE

So hatte jede Gruppe ihren eigenen geheimen Code. Wer ihn nicht kannte, hatte keine Chance, die Nachricht zu verstehen.

Das Übermitteln brachte so manchmal viel Wartezeiten mit sich, weil man die Meldung zuerst entschlüsseln musste.

Gruppenbücher Schwan 1962 und Luchs (Wulp) 1940

Einige Stämme besassen sogar Heliographen, eine Art abdeckbare Spiegel, mit denen man bei Sonnenlicht sehr weit morsen konnte.

Heliograph (Bild PD)

In der Nacht morste man mit Taschenlampen, Laternen oder sogar Blinkapparaten, die mit einem Dynamo angetrieben wurden. Sie waren zwar sehr schwer, aber es war ein gutes Gefühl vom Uetliberg auf den Pfannenstil zu blinken und sich zu verstehen.

Ab etwa 1960 liest man dann in GP und Gruppenbüchern weniger von solchen Methoden, Nachrichten weiterzugeben. Anderes rückte in den Vordergrund. Man morste mit Tastern, funkte, machte Radiosendungen und schliesslich begann das Internet, eine wichtige Funktion zu übernehmen.

Sommerlager Wolfsstufe 1958, Eigenthal

Pfadiheim Wallisellen – Neuer Anbau, neues Outfit

Vorheriger Beitrag: Ein Stück Heimat

Dies ist der letzte Beitrag der für die APV- und Heimvereins-GV 2023 zusammengestellten Geschichte des Pfadiheims Wallisellen. Den ersten Beitrag findet man hier, nachher kann man sich einfach durchklicken.

Das Pfadiheim Wallisellen, unterdessen häufig Pfadiheim Tambel genannt wird intensiv genutzt und muss, auch weil sich die Bedürfnisse ändern, ab und zu umgebaut werden. In den 1970er- und 1980er-Jahren werden Küche, Eingangspartie und die Sanitärinstallationen grundlegend erneuert.

Zu seinem 50-Jahr-Jubiläum beschliesst der Heimverein die grösste bisherige Änderung: statt des Schopfs soll ein neuer Anbau entstehen, das Heim wird rollstuhlgängig.

Einladung, beim Abbruch mitzuhelfen, Abteilung Gryfensee 1989

Fix als Heimvereinspräsident, die Baukommission unter Göppel, die Finanzkommission unter Vim, das Architekturbüro map mit Woom und all die aktiven Helferinnen und Helfer ermöglichen die Eröffnung am Georgstag 1990.

2001/2002 wird dann eine neue Küche eingebaut, 2004 eine Elektroheizung und 2006 werden die Fenster erneuert.

2007 erhält das Heim sein neues „Outfit“, eine neue Fassade aus Lärchenholz und rote Läden. Bei dieser Gelegenheit kommen die vielen Tonnen alter Zeitungen, die beim Bau für die Isolation verwendet wurden, wieder zum Vorschein. Sie werden durch eine moderne Isolation ersetzt. Heimvereinspräsident Marcel Weber v/o Yak kann ein schmuckes Heim mit langer Geschichte zur Weiterbenutzung übergeben.

Pfadiheim Wallisellen – Ein Stück Heimat

Vorheriger Beitrag: Heimfeste

Für den ganzen Gloggi, besonders aber für die frühere «Provinz», dann die Abteilung Gryfensee ist das Heim auf dem Tambel immer auch ein Stück Heimat.

Man trifft sich für Höcks und einfach, um zusammen zu sein. Rover und die Leiterinnen und Leiter führen lange einmal im Jahr eine Heimputzete durch, Ehemalige übernehmen die Heimverwaltung.

Heimputzete mit den vielen Wolldecken 1973 und Eröffnung Heimchäller 1974

1974 wird der «Heimchäller» für die Abteilung Gryfensee eröffnet. Dieses 1990 mit dem neuen Anbau weiter ausgebaute Zentrum verstärkt die Bindung der Abteilung ans Heim noch.

Die Pfadiabteilung Gryfensee beim Heim, 1974 und 1978

Durch die vielen Ausbildungslager, Anlässe und Heimnwochen bleibt das Heim auf dem Tambel wichtiges Zentrum des ganzen Gloggi.

Verschiedenste Anlässe im Heim Wallisellen

Das ist bis heute so geblieben, der Gloggi trifft sich immer wieder im Tambel in Wallisellen, hier der 90+1 -Geburtstag des Gryfensee

und im September 2023 findet ja das Gloggenair statt.

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Pfadiheim Wallisellen – Heimfeste

Vorheriger Beitrag: Einweihung und Einrichtung

Das Walliseller Heim auf dem Tambel wird für Ausbildungskurse, Lager, Weekends und Höcks rege benutzt, auch ausländische Pfadfinder verbringen hier gerne einige Tage.

In den 1950er und 1960er-Jahren wird weiter gebaut, ein Anschluss an die Kanalisation ist nötig, die Wiese muss planiert werden usw.

Immer wieder werden am Georgstag aber auch grosse Heimfeste gefeiert, mit Ständen, Theater, Bahnen, Wettbewerben, Pfaditechnik-Demonstrationen usw. Die Pfadi übernachten in Zelten, am Sonntag werden nach einem Feldgottesdienst dann die Eltern, APV, Freundeskreis und Behörden begrüsst, so am Georstag 1951, 1954, dann zum 50-Jahr-Jubliläum des Gloggi 1962 und 1967 unter dem Motto «Wunderlampe».

1951 muss das Fest wegen abermals strömendem Regen um eine Woche verschoben werden, am folgenden Wochenende ist es mit Jeepfahrten, Jazz-Orchester und unzähligen Buden und Ständen aber ein voller Erfolg:

Aus dem GP 1952

1954 errichtet der Theben eine Schwebebahn zum Reservoir, die Rover der Rotte «Graal» spielen Jazz, ein Riesenrad mit allen Zugswappen thront auf dem Reservoir und neben allen Buden und Ständen gibt es für die Jüngeren auch Kasperlitheater.

Hier dank der Dias von Ruedi Schüle v/o Sugus (Herzlichen Dank!) Ein paar Eindrücke vom Heimfest 1962, dem 50-Jahr-Jubiläum des Gloggi (durch Klick vergrössern):

Und hier aus einem Nachlass einige archivierte Eindrücke des Heimfestes 1967 , das unter dem Motto «Wunderlampe» stand .

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Pfadiheim Wallisellen – Einweihung und Einrichtung

Vorheriger Beitrag: Finanzierung und Bau

Nach einem Schlussspurt kann das Heim am 1. Mai 1949, dem Georgstag eingeweiht werden. Es regnet in Strömen. Die NZZ berichtet von der «Erfüllung vieler Wünsche und Träume».

Die Gruppe Mungo aus dem Olymp beschreibt den Tag ziemlich nüchtern folgendermassen:

Rapporte Gruppe Mungo, Olymp

Das Heim ist allerdings noch lange nicht fertig eingerichtet, vor allem fehlen noch die Matratzen. Es muss dafür nochmals Geld gesammelt werden.

Aus dem GP 1949

Über die fehlenden Matratzen macht sich der APV in einer Schnitzelbank lustig, er geht davon aus, dass sie dann im Jahr 2000 bestellt sein werden.

Erinnerungsbuch des damaligen Abteilungsstabes

Schliesslich ist alles zur Vermitung bereit, das neue Heim samt Kachelofen und Waschbecken im Eingangsbereich präsentiert sich in bestem Zustand:

Der Heimverwalter hat allerdings noch etwas Sorgen mit der Wiese:

GP 1949

Aber ab Frühling 1950 ist das Heim tatsächlich «in vollem Umfange benutzbar».

Postkarte des Heims

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Pfadiheim Wallisellen – Finanzierung und Bau

Vorheriger Beitrag: Pfadiheim Wallisellen – Anbauschlacht

1945, nach dem zweiten Weltkrieg kann nun wieder an den Bau des Pfadiheimes in Wallisellen gedacht werden. Ein grosser Verlust für die Abteilung ist, dass einer der treibenden Kräfte, Max Gysler v/o Vetter, früher Gründungsredaktor des Goldenen Pfeils und Abteilungsleiter an einem Pfadianlass an Herzversagen stirbt. Der mit dem Gloggi eng verbundene Pfarrer und Schriftsteller Niklaus Bolt schreibt im GP:

Aus: Der Goldene Pfeil, 1945

Der Gloggi ist durch die Durchführung von Kinderlagern für kriegsgeschädigte Knaben stark gefordert. 1947 spalten sich Pfadi aus verschiedenen Zügen ab und gründen die neue Abteilung «Fels», was den Gloggi in eine Krise stürzt. Auch die Finanzierung für das Pfadiheim in Wallisellen ist nach wie vor nicht gesichert.

Trotzdem will man den Heimbau vorantreiben, Eugen Heer, früher Pfadi und Leiter im Zug Orion zeichnet ein neues Projekt.

Aus: Der Goldene Pfeil, 1949

In den Abteilungsakten ist aber vermerkt, dass noch keine Entscheide gefallen seien – das Finanzloch ist gross.

1947 kann aber mit dem Nachlass von Max Gysler v/o Vetter eine Stiftung gegründet werden, die über 50’000 Franken an den Heimbau beitragen wird:

Schweizerisches Handelsamtsblatt, November 1947

Weitere Finanzaktionen erfolgen 1948 mit Schwung:

der Heimbau kann beginnen. Die Isolation soll mit Zeitungspapier erfolgen, Wölfe, Pfadi und Rover sammeln also bei Eltern, Verwandten und Bekannten je nach Quelle 7 bis 12 Tonnen Zeitungspapier. Wie aus den Abteilungsakten ersichtlich ist, wird dafür keine Bewilligung eingeholt:

Das Heim wird jetzt in sehr schneller Zeit gebaut, Spatenstich ist am 16. Oktober 1948, die Einweihung soll dann bereits am Georgstag 1949, am 1. Mai stattfinden.

Der Einsatz des ganzen Gloggi ist nötig, um vorwärts zu kommen, werden z.B. statt Chlausweekends Arbeitseinsätze durchgeführt, wie im GP schön beschrieben ist: «Statt Chlausübung, wir armen Gsellen, ins Heim wir mussten, nach Wallisellen»:

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Pfadiheim Wallisellen – Anbauschlacht

Vorheriger Beitrag: Der Landkauf

1939 ist der Heimverein für das Pfadfinderheim Wallisellen-Dübendorf im Besitz des Landes auf dem Tambel, eine weitere Projektskizze für das Heim entsteht (Bildquelle: ETH-epics)

Aus: Der Goldene Pfeil, 1949

Der Ausbruch des zweiten Weltkrieges lässt aber nicht mehr an Finanzierung und Bau denken. Um die Nahrungsmittelversorgung sicherzustellen, wird die Ackerfläche überall in der Schweiz erweitert, ab 1941 spricht man von «Anbauschlacht» und der Olymp beteiligt sich daran. Die Presse berichtet lobend:

Schweizerisches Frauenblatt, 31. Januar 1941

Anfangs läuft noch nicht alles nach Plan (wie auf vielen anderen neuen Anbauflächen auch nicht), so dass der Gemeinderat eine Rüge «wegen mangelhafter Wartung des Ackers» erteilt. Heimverein und Abteilung lassen das aber nicht einfach auf sich sitzen und schreiben einen Brief zurück:

Eine Lösung wird gefunden, in dem man dem Familiengartenverein beitritt und so etwas Beratung erhält. Schon im Folgejahr findet sich in den Abteilungsakten der Vermerk, dass die Kartoffeln «à la merveille» gedeihen. (Die Abkürzung ABS bedeutet «Anbauschlacht»)

Abteilungsakten 1942

1941 und 1942 werden Kartoffen angebaut, 1943 Mais und 1944 Mohn. Das Öl kann «punktefrei», d.h. ohne dass Punkte von Lebensmittelkarten benötigt werden, an die Eltern verkauft werden.

Aus dem Verkaufserlös wird der Heimfonds weiter gespiesen, der APV muss keine Unkosten übernehmen.

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Pfadiheim Wallisellen – Der Landkauf

2023 finden die Generalversammlungen von APV und Heimverein im Pfadiheim Wallisellen, unserem Pfadiheim auf dem Tambel statt. Für die Archivgruppe natürlich eine Gelegenheit, zurückzuschauen auf die Geschichte des Heims.

1930 muss der damals jüngste Zug der Abteilung Glockenhof, der Olymp eine alte Armeebaracke in Wallisellen, die er bisher benutzen konnte, räumen. Zugführer Emil Walder v/o Pumps hat die Idee, als Ersatz ein Pfadiheim zu bauen.

1931 rührt der Olymp bereits die Werbetrommel und verkauft an einem Filmabend in Wallisellen Bausteine für ein Pfadiheim. Pfadivater E. Lais macht zwei Projektskizzen.

Aus: Der Goldene Pfeil, 1949

Am 20. Oktober 1936 finden in der in der «Linde» in Wallisellen eine Orientierungsversammlung statt. Abteilungsleiter Walter Stünzi v/o Fox verspricht einen «namhaften Beitrag» der Abteilung Glockenhof an das Heim. Eine «Finanz- und Planungskommission» entsteht. Die Mitglieder kommen aus Wallisellen, Dübendorf und dem Gloggi. Abteilungsleiter Fox und sein Vorgänger Max Gysler v/o Vetter sind beide Mitglieder der Kommission.

1936 zeichnet sich ab, dass ein Heim nur für den Olymp nicht finanzierbar sein dürfte. Die Abteilung besitzt mit dem «Eigewärch» auf der CVJM-Spielwiese auf dem Entlisberg in Zürich zwar ein kleines Heim, für Lager mit zahlreichen Teilnehmern, Ausbildungskurse usw. eignet es sich aber nicht. Es wird beschlossen, das Heim in Wallisellen für die ganze Abteilung zu bauen.
Ende Jahr findet der traditionelle Familienabend statt, ein Höhepunkt des Jahres und wichtige Finanzquelle für die Abteilung. Die Besucherinnen und Besucher sind jeweils nicht knausrig, wenn es in der grossen Pause um den Kauf von Essen und Trinken, Tombolalosen usw. geht. Wölfe, Pfadi, Rover und Leiterinnen und Leiter spielen verschiedene Theaterstücke, das Hauptstück heisst dieses Jahr «Jungvenner Peter». Die Hälfte des Erlöses geht an das künftige Heim in Wallisellen oder Dübendorf.

1937 verkaufen die Pfadi abermals eifrig Bausteine à 1 Franken pro Stück, so kommen weitere 3194 Franken zusammen. In der Abteilungszeitung GP («Goldener Pfeil» ) liest sich das so:

Es bietet sich die Möglichkeit, in Wallisellen den Platz oberhalb des Schütenhauses (Parzelle 1572) zu kaufen. Den Wunschstandort (Parzelle 2590) will die Gemeinde aber nicht zur Überbauung freigeben, er könnte den Pfadi aber als Spielplatz verpachtet werden.

Ansicht ganzer Plan von 1937 (Quelle: Staatsarchiv des Kantons Zürich)

Auch wenn die Parzelle oberhalb des Schützenhauses nur als zweitbeste Möglichkeit eingeschätzt wird, sind Kommission und Abteilungsleitung der Meinung, dieses Land für das künftige Pfadiheim nun zu kaufen. Dazu wird am 18. Januar 1938 der Heimverein, damals noch unter dem Namen «Verein für das Pfadfinderheim Wallisellen-Dübendorf» gegründet. Der Verein kann den Platz oberhalb des Schützenhauses kaufen und den heutigen Heimplatz pachten.

Jetzt kommt Glück ins Spiel: Der Schiessverein will 1938 das Eidgenössische Feldsektionsschiessen für die Vereine der Umgebung durchführen und eine Festwirtschaft aufstellen. Dazu muss er jetzt aber beim Heimverein um die Genehmigung für das Aufstellen einer Festbude ersuchen. Weil das nicht mehr vorkommen soll und ein einmal gebautes Pfadiheim vielleicht sogar eine Festbude verunmöglichen würde, wird die Gemeinde von einem Landabtausch überzeugt: der Heimverein kommt in den Besitz des heutigen Grundstücks.

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Die gute Tat

Aus dem Rudelbuch Star, 1937

«6. Mai: Tag der guten Tat» lese ich vor dem Coop. Mir kommt in den Sinn, wie wir in den Wölfen einmal eine «Aktion gute Tat» machten.  Alle führten eine Liste und notierten jeden Tag ihre gute Tat. Wer Ende Quartal die meisten guten Taten notiert hatte, gewann einen Preis. Beim Ausfüllen meiner Liste musste ich manchmal überlegen. War jetzt «Meiner Schwester meine Chäpsli­pistole ausge­liehen» eine gute Tat oder nicht einfach eine Selbstverständlichkeit?

Der Gründer der Pfadibewegung, Bi-Pi (Baden-Powell) hätte sich wohl über meine Überlegungen gefreut. Es ist ihm mit «und jeden Tag eine gute Tat» gelungen, einen Slogan für stetige Hilfsbereitschaft zu schaffen und in der Pfadibewegung zu verankern.

Für die «gute Tat» warb Bi-Pi schon vor der Gründung der Pfadi. Als für seine Erfolge im Burenkrieg bewunderter hoher Offizier der britischen Kolonialarmee hatte er eine Patenschaft für eine Nichtrauchervereinigung eines Knabenchors übernommen. Den jungen Sängern schrieb er 1901:

«Jeder Chorknabe sollte aktiv Gutes tun … Mit „Gutes tun“ meine ich, dass ihr euch nützlich macht und anderen Menschen seien es Freunde oder Fremde kleine Gefälligkeiten erweist … Nehmt euch vor, jeden Tag jemandem eine „gute Tat“ zu erweisen, und ihr werdet euch bald angewöhnen, immer „gute Taten“ zu vollbringen.» (Tim Jeal: Baden Powell, Yale University Press, 2001, S. 363).

Für die Pfadi illustrierte er den Gedanken in seinem «Scouting for Boys» 1907 – aus heutiger Sicht klischeehaft – mit einem sportlichen Knaben, der einem Mädchen beim Anklopfen an eine Tür hilft:

Aus «Scouting for Boys» 1908 (eBook, Projekt Gutenberg)

Die Idee der guten Tat kam in den ersten Versionen des Pfadigesetzes vor und wurde auch im Gloggi aufgenommen:

«Der Pfadfinder ist hilfsbereit, und ist bestrebt, täglich wenigstens eine gute Tat zu vollbringen» lautete damals ein Punkt des Pfadigesetzes.
A Boy Scout’s Necktie

Bi-Pi machte Anregungen, wie diejenige einen Knoten in die Kravatte zu machen, um immer an die gute Tat zu denken. Sein Bild zeigt, wie er sich das vorstellte (Aus «Scouting for Boys» 1908 (eBook, Projekt Gutenberg)

Bi-Pi meinte auch, eine einmal vergessene gute Tat könne am nächsten Tag nachgeholt werden, indem man dann einfach zwei gute Taten tue.

Dass die Idee der guten Tat auch für zweifelhafte Anliegen verwendet werden konnte, zeigt ein Ausschnitt aus der CVJM-Zeitschrift «Die Glocke», die von deutschen Pfadfindern berichtet, die Schundliteratur gesammelt und sie «den Flammen eines Scheiterhaufens» übergeben hätten:

«Die Glocke, Juli 1914»

Im Gloggi-Archiv zeigt sich, wie die Idee der guten Tat durch all die 111 Gloggi-Jahre verfolgt wurde. Bis in die 1950er-Jahre beschenkten Pfadigruppen zum Beispiel an Weihnachten jeweils arme Familien.

Hier zeichnet die Gruppe Leu aus dem Kim 1943, wie sie sich in einer Strasse im Kreis 4 vor eine Wohnungstür schlichen.

Dort legten sie dann Geschenke vor die Tür einer bedürftigen Familie. (Bilder aus dem Gruppenbuch Leu/ Kim)

Das 40-Jahr-Jubiläum der Pfadiabteilung Glockenhof wurde 1952 auch begangen, indem jede Gruppe bei einem Bauern übernachtete und dort eine kleine gute Tat «verrichten musste».

Aus dem Jahresbericht 1951/52

In vielen Programmen und Erinnerungsbüchern liest man vom Engagement für Mit­menschen, Gesell­schaft und Umwelt. Pfadis organisieren Kinderlager oder helfen bei Bergbauern, sie singen in Alters- und Krankenheimen und spielen dort Theater (z.B. hier 1970 die «Aktion Bombach»)

Theater spielen für Alte und Kranke (Aktion Bombach, 1970, aus dem Gruppenbuch «Schwan», Waldmann, Dübendorf)

In vielen Programmen und Erinnerungsbüchern liest man vom Engagement für Mit­menschen, Gesell­schaft und Umwelt. Pfadis organisieren Kinderlager oder helfen bei Bergbauern, sie singen in Alters- und Krankenheimen und spielen dort Theater (z.B. oben 1970 die «Aktion Bombach») Später kommen Wald­putz­aktionen, Natur­schutz- und Entwicklungs­zusam­menarbeits­projekte usw. dazu. Und bald werden wir ja am Tag der guten Tat von neuen guten Taten hören.