Dies ist der letzte Beitrag der für die APV- und Heimvereins-GV 2023 zusammengestellten Geschichte des Pfadiheims Wallisellen. Den ersten Beitrag findet man hier, nachher kann man sich einfach durchklicken.
Das Pfadiheim Wallisellen, unterdessen häufig Pfadiheim Tambel genannt wird intensiv genutzt und muss, auch weil sich die Bedürfnisse ändern, ab und zu umgebaut werden. In den 1970er- und 1980er-Jahren werden Küche, Eingangspartie und die Sanitärinstallationen grundlegend erneuert.
Zu seinem 50-Jahr-Jubiläum beschliesst der Heimverein die grösste bisherige Änderung: statt des Schopfs soll ein neuer Anbau entstehen, das Heim wird rollstuhlgängig.
Einladung, beim Abbruch mitzuhelfen, Abteilung Gryfensee 1989
Fix als Heimvereinspräsident, die Baukommission unter Göppel, die Finanzkommission unter Vim, das Architekturbüro map mit Woom und all die aktiven Helferinnen und Helfer ermöglichen die Eröffnung am Georgstag 1990.
2001/2002 wird dann eine neue Küche eingebaut, 2004 eine Elektroheizung und 2006 werden die Fenster erneuert.
2007 erhält das Heim sein neues „Outfit“, eine neue Fassade aus Lärchenholz und rote Läden. Bei dieser Gelegenheit kommen die vielen Tonnen alter Zeitungen, die beim Bau für die Isolation verwendet wurden, wieder zum Vorschein. Sie werden durch eine moderne Isolation ersetzt. Heimvereinspräsident Marcel Weber v/o Yak kann ein schmuckes Heim mit langer Geschichte zur Weiterbenutzung übergeben.
Für den ganzen Gloggi, besonders aber für die frühere «Provinz», dann die Abteilung Gryfensee ist das Heim auf dem Tambel immer auch ein Stück Heimat.
Man trifft sich für Höcks und einfach, um zusammen zu sein. Rover und die Leiterinnen und Leiter führen lange einmal im Jahr eine Heimputzete durch, Ehemalige übernehmen die Heimverwaltung.
Heimputzete mit den vielen Wolldecken 1973 und Eröffnung Heimchäller 1974
1974 wird der «Heimchäller» für die Abteilung Gryfensee eröffnet. Dieses 1990 mit dem neuen Anbau weiter ausgebaute Zentrum verstärkt die Bindung der Abteilung ans Heim noch.
Die Pfadiabteilung Gryfensee beim Heim, 1974 und 1978
Durch die vielen Ausbildungslager, Anlässe und Heimnwochen bleibt das Heim auf dem Tambel wichtiges Zentrum des ganzen Gloggi.
Verschiedenste Anlässe im Heim Wallisellen
Das ist bis heute so geblieben, der Gloggi trifft sich immer wieder im Tambel in Wallisellen, hier der 90+1 -Geburtstag des Gryfensee
und im September 2023 findet ja das Gloggenair statt.
Die Abteilungen spielen heute im Gloggi eine wichtige Rolle. Man gehört zum Hadlaub, zum Gryfensee, zur Lägern und wie sie alle heissen. Wie und wann sind sie eigentlich entstanden und wie kamen sie zu ihren Namen?
Bis 1941, als der Gloggi ziemlich stark am Wachsen war, war man einfach Mitglied im Gloggi, der «Pfadfinderabteilung Glockenhof» und in einem «Pfadizug», der «Wolfsmeute» oder dem «Roverbanner».
1941, der Gloggi zählte damals 800 Mitglieder, wurde dann eine Umorganisation vorgenommen, die Pfadizüge wurden auf vier «Stämme» aufgeteilt, den Vorgängern der heutigen Abteilungen: Auf dem GP-Titelblatt von 1947 sind in der Windrose die Stämme (mit den römischen Zahlen) abgebildet, dazwischen die 1946 gegründeten PTA, der APV, das Roverbanner und die Wolfsmeute.
GP-Titelblatt 1947 mit den vier Stämmen und ihren Pfadizügen. I: Stamm: Attila, Normannen, Olymp, Wiking, II. Stamm: Friesen, Korinth, Sparta, Totila, III. Stamm: Bubenberg, Kim, Waldmann, Wulp, IV. Stamm: Inka, Mandach, Orion, Tell. Dazwischen Richtung Nordost: PTA, Südost: APV, Südwest: Roverbanner und Nordwest: Wolfsmeute
Die PTA («Pfadi trotz allem») sind heute eine eigene Gloggi-Abteilung. Ihre Anfänge im Balgrist wurden im GP 1947 folgendermassen geschildert:
Beschreibung einer PTA-Übung im GP 1947
Aus den vier Stämmen wurden 1950 fünf, die Züge Olymp und Dübelstein aus Wallisellen und Dübendorf bildeten nun den fünften Stamm.
1953 erhielten die Stämme Namen:
„Zu den so dargestellten Leuten gehören an einem Endchen auch wir noch; darum passen die Namen zu uns. (GP 1953)
Hadlaub und Gryfensee tragen also ihre Namen seit 1953. Johannes Hadlaub und der Landvogt von Greifensee, die Namensgeber kommen in Gottfried Kellers Zürcher Novellen vor, auch die anderen Namen stammen aus Werken von Gottfried Keller oder Conrad Ferdinand Meyer. Wichtig war damals, Namen zu finden mit einem Bezug zu Zürich, deren Träger Vorbildcharakter hatten. Im GP wurden damals auch Ausschnitte aus Werken von Keller und Meyer abgedruckt. Wenn man sie heute so liest, denkt man eher, nimmt man eigentlich nicht an, dass sie zur Identifikation mit den neuen Namen beitrugen…
Unterdessen waren 1958, angeregt von einem Pfadi, der auf einer Seemannsschule in England gewesen war, die «Seepfadfinder» gegründet worden, ihr Zug «Odysseus» war nicht Teil eines Stammes.
Rechts das erste Titelbild der Seepfadi-Zeitschrift «Akto».
1959 wurde das Gloggi-Abzeichen eingeführt, Tatokano, von Beruf Grafiker hatte ein Signet geschaffen, das in leicht abgeänderter Form bis heute Bestand hat.
Die nächste Reorganisation veränderte den Gloggi 1964 stark. Die bisherige Abteilung wurde zum Korps umgestaltet, das in Abteilungen unterteilt war. Die bisherigen Stämme wurden nun zu Abteilungen mit den gleichen Namen, auch Wolfsmeuten und Roverrotten gehörten jetzt zu diesen Abteilungen, die alle ein eigenes Abzeichen hatten. Von aussen war die Zugehörigkeit zum Gloggi nur noch an den Gloggi-Socken erkennbar. Diese neue Organisation hat auch in Gruppenbüchern Spuren als «grosser Tag» hinterlassen, hier bei der Gruppe Voss aus dem Totila:
„Am 17. Dezember 1964 wurde die Abteilung Glockhof offiziell zum Cor ernannt.“ Auszug aus dem Gruppenbuch der Gruppe Voss (Totila)
Diskussionen hatte im Vorfeld ausgelöst, ob die Seepfadi eine eigene Abteilung sein sollten und ob wohl alle Abteilungen lebensfähig sein würden oder ob man besser nur vier oder fünf Abteilungen gründen solle. Die Aufteilung in sechs Abteilungen bewährte sich aber lange Jahre.
Die Abzeichen der sechs ursprünglichen Abteilungen: Manesse, Hutten, Hadlaub, Salander, Gryfensee, Seepfadfinder
Eine erste Änderung ergab sich, als der Salander sich ganz auf das Wehntal konzentierte und sich schliesslich 1981 mit der Mädchenabteilung Hochwacht zu Salander-Hochwacht und bald darauf 1982 zur Abteilung Lägern zusammenschloss. Im GP wurde damals folgendermassen über das Gründungsweekend berichtet:
Gründung der Abteilung Lägern (GP 1982)
Etwas mehr als ein Jahr später wurde dann auch im Raum Volketswil und Schwerzenbach eine neue Abteilung gegründet. Die Pfadfinderinnenabteilung Mistral schloss sich am Chlausweekend mit den Gryfensee-Einheiten in dieser Region zur Abteilung Wildert, benannt nach einem schönen Waldteich, zusammen. In der Chronik wurde das so vermerkt:
Gründung der Abteilung Wildert (Chronik 1983)
Stark schrumpfende Mitgliederzahlen führten dann 1995 zu einem Zusammenschluss von Hadlaub und Manesse unter dem Namen Hadlaub. 2004 trat die Abteilung Manegg, die für eine eigene Region zu klein geworden war in den Gloggi ein, mit dem sie eine jahrzehntelange gute Zusammenarbeit verband. Die Pfadfinderinnenabteilung Manegg war bereits 1925 gegründet worden, auf der Burgruine beim Uetliberg, deren Namen sie trägt.
Protokollauszug zur Aufnahme der Abteilung Manegg in den Bund Schweizerischer Pfadfinderinnen 1926
Ankündigung der „Integration der Abteilung Manegg“ in den Gloggi (GP 2004)
2007 wurde die Abteilung Hutten aufgelöst, ihr Name wurde noch einige Jahre von den «Pfadi trotz allem» als Abteilung PTA Hutten weitergetragen – heute nennt sich diese kleinste Gloggi-Abteilung wieder «PTA Gloggi» und blickt auf eine Geschichte zurück, die 1946 begann.
Die beiden jüngsten Abteilungen im Gloggi sind also gleichzeitig die beiden, die ihren Namen schon am längsten tragen.
Beim Durchblättern der GP der letzten
Jahre fällt mir ein Bericht über ein Pfingstlager auf, das 2014 mit dem Thema
«Catch the Hipster» stattfand. Auch von Masters of Hardcore, einem Wald-Starbucks
und angreifenden Ninjas wird erzählt. Da hätten frühere Pfadigenerationen wohl
nur «Bahnhof» verstanden.
GP 3/ 2014, S. 8 (Lagerbericht Gryfensee)
Welche Einkleidungen wurden für die
verschiedenen Anlässe und Lager in früheren Jahrzehnten gewählt?
In der Ideensammlung der Pfadibewegung Schweiz werden 773 Ideen von A wie «Abenteuer der starken Wanja» bis Z wie «Zwerge» aufgelistet. Vieles ist zeitlos und wurde durch all die Jahrzehnte der Gloggi-Geschichte immer wieder gewählt. Schatzsuchen, Wilder Westen, Römer, Zirkus, Eidgenossen, Ritter und Raubritter, Völkertreffen, Polarexpeditionen, Spione, Gauner, Gespenster und bei den Wölfen natürlich der Dschungel tauchen in Programmen und Erlebnisberichten regelmässig auf. Hier eine Zirkusaufführung aus dem Jahr 1937:
Zirkus (Rudelbuch Specht 1937)
Andere Einkleidungen waren stärker von der Zeit, in der der Anlass stattfand, abhängig. In den 1930er-und 1940er-Jahren wurde in der Pfadistufe häufig gar keine Einkleidung gewählt, im Vordergrund stand der persönliche Fortschritt, vor allem das Weiterkommen in der Pfaditechnik und die «Bildung des Charakters». So wurden an den «Übungen» z.B. Kartenlesen, Morsen oder Erste Hilfe geübt.
Der Venner hat Unsicherheiten festgestellt und stellt sein Programm entsprechend zusammen. (Akten Olymp 1945)
Auf das «Übungsprogramm» folgte nach dem Anlass immer auch ein vom Venner verfasster «Übungsrapport». Der Zugsführer fügte dem jeweils einen Kommentar bei. Hier verglich er die Indianereinkleidung mit einer «Kleinkinderschule» und mahnte, dass vor allem die Charaktererziehung wichtig sei:
An solchen «Übungen» machte man oft Kleingruppen, die dasselbe lernen sollten, z.B. die «P-Kandidaten», also diejenigen Pfadi, die bald die Pfadfinderprüfung ablegen wollten. Manchmal bot sich eine Einkleidung an, wie hier «Fliegerunfall im Sagentobel»:
Fliegerunfall im Sagentobel (Akten Olymp, 1934)
Geländespiele wurden «Kriegspiele»
genannt und auch in tatsächliches Kriegsgeschehen eingekleidet, wie hier in den
finnisch-russischen Winterkrieg 1939/40:
Finnisch-russicher Winterkrieg 1939/40 (Rudelbuch Star, Februar 1940)Rudelbuch Star, Februar 1940
Der zweite Weltkrieg beschäftigte die Pfadi natürlich stark, was auch Auswirkungen auf die Wahl der Einkleidungen hatte. In den Gruppenbüchern werden Kriegsspiele realistisch wiedergegebenen und auch von «Sondermeldungen» werden nachgespielt:
Sondermeldung des «Reichssenders Leopardikon» und Zeichnung eines Kriegsspiels (Gruppenbuch Leopard, 2. Weltkrieg)
Das Weltgeschehen diente auch nach dem zweiten Weltkrieg für Einkleidungen, z.B. die Konflikte vor der Gründung des Staates Israels.
(Akten Olymp 1947)
In
den 1950er-Jahren finden sich auch wieder stärker fantasiebetonte
Einkleidungen, wie der «Bärenkönig»
Der beleuchtete Bärenkönig (Gruppenbuch Leopard 1956)
Auch Radrennen wie die Tour de Suisse waren während den Zeiten Ferdy Küblers und danach lange eine beliebte Einkleidung.
(Gruppenbuch Leopard 1958)
Afrika mit den Gründungen neuer Staaten nach der Kolonialisation war um 1960 ein Thema, die Pfadi spielten Entwicklungshelfer in Gabun und Dahomey. (Schwarze wurden damals in der deutschen Sprache neutral als «Neger» bezeichnet, der Begriff diente auch als Pfadiname. Zum Begriff vgl. Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus)
Entwicklungshilfe, Gruppe Mungo, 1964
Der Kalte Krieg wurde ebenfalls für Einkleidungen genutzt. Kundschaften auf dem Flughafen Kloten wurden z.B. im Auftrag einer «russischen Atomkommission» vorgenommen.
Bombenabwurf, Gruppe Bison, 1960er Jahre
Thema waren auch die Ölfelder, um die in dieser Einkleidung Europäer und Araber kämpften:
Bohrturm-Übung, Gruppe Mungo, 1964
Rund um die Mondlandung 1969 waren Raumfahrer, Astronauten, Space usw. beliebte Themen:
Auch Roboter wurden, wie hier an einem Georgstag zum Thema.
Gruppenbuch Bison, 1976
Das Kontrastprogramm dazu waren die Hippies. Flower Power hatte schon auf dem Titel des GP 1970 Spuren hinterlassen
GP 1970
und Hippie-Lager waren auch später beliebt – ebenso wie friedliche Lager in einer eigenen Welt «this is our world, this is our place».
Lagerzeitung Korinth 1978
Die 1980er-Jahre brachten viele Einkleidungen, die sich rund um das Thema «Phantasie» drehten, ein Lagerthema war z.B. «Mir sind Phantasier»
Wolfsstufe Manesse und GP 1980
Aber auch das Tagesgeschehen floss weiterhin in den Pfadibetrieb ein. Zum Teil wurden Forscherweekends durchgeführt – gegessen hat man dann natürlich wie bei Laborversuchen nur mit Gummihandschuhen. In einer anderen Einkleidung trafen Wurstgierige auf Vegetarier:
Wurstgierige und Vegetarier, Akten Wiking 1991
Ende der 1990er-Jahren wurden Interviews zur Affäre von Bill Clinton und zu Natels durchgeführt:
Interviews in Zürich, Akten Theben, 1998
Auch Themen wie Radioaktivität wurden aufgenommen, ein Pfadistamm machte sich im Sommerlager auf die Suche nach radioaktivem Material:
Mit Dr. Snuggles auf der Suche nach radiaktivem Material (Carthago-Sola 1999)
Um 2000 drehte sich vieles wieder um Kreativität, z.B. in «Kreativistenweekends» (die dritte Stufe der Abteilung Hutten nannte sich auch so):
Kreativistenweekend 3. Stufe Hutten, GP 3/2004
Danach findet man Einkleidungen wie «Casting-Shows» und eben «Catch the Hipster» neben Themen wie Zirkus, die durch all die Jahrzehnte immer wieder vorkommen.
Während der ganzen Geschichte
des «Goldenen Pfeils» mussten sich die Redaktorinnen und Redaktoren etwas
einfallen lassen, um rechtzeitig zu genügend Berichten zu kommen. 1930, im
ersten Jahrgang des «GP», der damals noch sechs Mal pro Jahr erschien, wurde z.B.
eine Nummer gestaltet, an der nur unter 18-jährige mitschreiben durften. Der
GP-Redaktor wurde noch «Hauptschütze» genannt – mit goldenen Pfeilen wurde ja
geschossen…
Titelbild GP 6/1930
Das Heft erschien wirklich hauptsächlich mit Beiträgen von jungen Schreibenden –zum Teil musste zwar etwas getrickst werden, es war auch ein Artikel abgedruckt, den der Abteilungsleiter als 13-Jähriger geschrieben hatte.
Ein
Jahr später, 1931, lesen wir den Notschrei des Meuteleiters (heute wäre das der
Wolfsstufenleiter):
Die «Portable»,
die der Meuteleiter hier erwähnt, war eine tragbare Schreibmaschine.
Es gab aber auch Zeiten, in denen sich Abteilungen und Einheiten mit Artikeln zu übertrumpfen suchten. 1971 wurde der Versuch gemacht, einen GP ganz ohne Erlebnisberichte zu publizieren, mit je einer Geschichte für die Wölfe und die Pfadi. Dies wurde auch damit begründet, dass so alles Prestigedenken begraben werden könne:
Der
damalige Versuch wurde aber nicht weitergeführt. Erlebnisberichte wurden gerne
gelesen, wenn auch nicht immer gerne geschrieben.
1978 war der Mangel an Artikeln dann wieder so gross, dass die GP-Redaktion eine «Vermisstanzeige» aufgab:
Vermisstanzeige im GP 2/1978
1982 machte ein hungriger
Briefkasten auf den Redaktionsschluss aufmerksam:
2004
wurde beschlossen, pro Jahr nur noch drei GP-Ausgaben, herauszugeben:
Seither
erscheint der GP regelmässig drei Mal im Jahr und eine nette Mail der Redaktion
macht die Abteilungen darauf aufmerksam, dass es Zeit wäre, Beiträge
einzuschicken.