Pfadiheim Wallisellen – Finanzierung und Bau

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1945, nach dem zweiten Weltkrieg kann nun wieder an den Bau des Pfadiheimes in Wallisellen gedacht werden. Ein grosser Verlust für die Abteilung ist, dass einer der treibenden Kräfte, Max Gysler v/o Vetter, früher Gründungsredaktor des Goldenen Pfeils und Abteilungsleiter an einem Pfadianlass an Herzversagen stirbt. Der mit dem Gloggi eng verbundene Pfarrer und Schriftsteller Niklaus Bolt schreibt im GP:

Aus: Der Goldene Pfeil, 1945

Der Gloggi ist durch die Durchführung von Kinderlagern für kriegsgeschädigte Knaben stark gefordert. 1947 spalten sich Pfadi aus verschiedenen Zügen ab und gründen die neue Abteilung «Fels», was den Gloggi in eine Krise stürzt. Auch die Finanzierung für das Pfadiheim in Wallisellen ist nach wie vor nicht gesichert.

Trotzdem will man den Heimbau vorantreiben, Eugen Heer, früher Pfadi und Leiter im Zug Orion zeichnet ein neues Projekt.

Aus: Der Goldene Pfeil, 1949

In den Abteilungsakten ist aber vermerkt, dass noch keine Entscheide gefallen seien – das Finanzloch ist gross.

1947 kann aber mit dem Nachlass von Max Gysler v/o Vetter eine Stiftung gegründet werden, die über 50’000 Franken an den Heimbau beitragen wird:

Schweizerisches Handelsamtsblatt, November 1947

Weitere Finanzaktionen erfolgen 1948 mit Schwung:

der Heimbau kann beginnen. Die Isolation soll mit Zeitungspapier erfolgen, Wölfe, Pfadi und Rover sammeln also bei Eltern, Verwandten und Bekannten je nach Quelle 7 bis 12 Tonnen Zeitungspapier. Wie aus den Abteilungsakten ersichtlich ist, wird dafür keine Bewilligung eingeholt:

Das Heim wird jetzt in sehr schneller Zeit gebaut, Spatenstich ist am 16. Oktober 1948, die Einweihung soll dann bereits am Georgstag 1949, am 1. Mai stattfinden.

Der Einsatz des ganzen Gloggi ist nötig, um vorwärts zu kommen, werden z.B. statt Chlausweekends Arbeitseinsätze durchgeführt, wie im GP schön beschrieben ist: «Statt Chlausübung, wir armen Gsellen, ins Heim wir mussten, nach Wallisellen»:

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Pfadiheim Wallisellen – Anbauschlacht

Vorheriger Beitrag: Der Landkauf

1939 ist der Heimverein für das Pfadfinderheim Wallisellen-Dübendorf im Besitz des Landes auf dem Tambel, eine weitere Projektskizze für das Heim entsteht (Bildquelle: ETH-epics)

Aus: Der Goldene Pfeil, 1949

Der Ausbruch des zweiten Weltkrieges lässt aber nicht mehr an Finanzierung und Bau denken. Um die Nahrungsmittelversorgung sicherzustellen, wird die Ackerfläche überall in der Schweiz erweitert, ab 1941 spricht man von «Anbauschlacht» und der Olymp beteiligt sich daran. Die Presse berichtet lobend:

Schweizerisches Frauenblatt, 31. Januar 1941

Anfangs läuft noch nicht alles nach Plan (wie auf vielen anderen neuen Anbauflächen auch nicht), so dass der Gemeinderat eine Rüge «wegen mangelhafter Wartung des Ackers» erteilt. Heimverein und Abteilung lassen das aber nicht einfach auf sich sitzen und schreiben einen Brief zurück:

Eine Lösung wird gefunden, in dem man dem Familiengartenverein beitritt und so etwas Beratung erhält. Schon im Folgejahr findet sich in den Abteilungsakten der Vermerk, dass die Kartoffeln «à la merveille» gedeihen. (Die Abkürzung ABS bedeutet «Anbauschlacht»)

Abteilungsakten 1942

1941 und 1942 werden Kartoffen angebaut, 1943 Mais und 1944 Mohn. Das Öl kann «punktefrei», d.h. ohne dass Punkte von Lebensmittelkarten benötigt werden, an die Eltern verkauft werden.

Aus dem Verkaufserlös wird der Heimfonds weiter gespiesen, der APV muss keine Unkosten übernehmen.

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Pfadiheim Wallisellen – Der Landkauf

2023 finden die Generalversammlungen von APV und Heimverein im Pfadiheim Wallisellen, unserem Pfadiheim auf dem Tambel statt. Für die Archivgruppe natürlich eine Gelegenheit, zurückzuschauen auf die Geschichte des Heims.

1930 muss der damals jüngste Zug der Abteilung Glockenhof, der Olymp eine alte Armeebaracke in Wallisellen, die er bisher benutzen konnte, räumen. Zugführer Emil Walder v/o Pumps hat die Idee, als Ersatz ein Pfadiheim zu bauen.

1931 rührt der Olymp bereits die Werbetrommel und verkauft an einem Filmabend in Wallisellen Bausteine für ein Pfadiheim. Pfadivater E. Lais macht zwei Projektskizzen.

Aus: Der Goldene Pfeil, 1949

Am 20. Oktober 1936 finden in der in der «Linde» in Wallisellen eine Orientierungsversammlung statt. Abteilungsleiter Walter Stünzi v/o Fox verspricht einen «namhaften Beitrag» der Abteilung Glockenhof an das Heim. Eine «Finanz- und Planungskommission» entsteht. Die Mitglieder kommen aus Wallisellen, Dübendorf und dem Gloggi. Abteilungsleiter Fox und sein Vorgänger Max Gysler v/o Vetter sind beide Mitglieder der Kommission.

1936 zeichnet sich ab, dass ein Heim nur für den Olymp nicht finanzierbar sein dürfte. Die Abteilung besitzt mit dem «Eigewärch» auf der CVJM-Spielwiese auf dem Entlisberg in Zürich zwar ein kleines Heim, für Lager mit zahlreichen Teilnehmern, Ausbildungskurse usw. eignet es sich aber nicht. Es wird beschlossen, das Heim in Wallisellen für die ganze Abteilung zu bauen.
Ende Jahr findet der traditionelle Familienabend statt, ein Höhepunkt des Jahres und wichtige Finanzquelle für die Abteilung. Die Besucherinnen und Besucher sind jeweils nicht knausrig, wenn es in der grossen Pause um den Kauf von Essen und Trinken, Tombolalosen usw. geht. Wölfe, Pfadi, Rover und Leiterinnen und Leiter spielen verschiedene Theaterstücke, das Hauptstück heisst dieses Jahr «Jungvenner Peter». Die Hälfte des Erlöses geht an das künftige Heim in Wallisellen oder Dübendorf.

1937 verkaufen die Pfadi abermals eifrig Bausteine à 1 Franken pro Stück, so kommen weitere 3194 Franken zusammen. In der Abteilungszeitung GP («Goldener Pfeil» ) liest sich das so:

Es bietet sich die Möglichkeit, in Wallisellen den Platz oberhalb des Schütenhauses (Parzelle 1572) zu kaufen. Den Wunschstandort (Parzelle 2590) will die Gemeinde aber nicht zur Überbauung freigeben, er könnte den Pfadi aber als Spielplatz verpachtet werden.

Ansicht ganzer Plan von 1937 (Quelle: Staatsarchiv des Kantons Zürich)

Auch wenn die Parzelle oberhalb des Schützenhauses nur als zweitbeste Möglichkeit eingeschätzt wird, sind Kommission und Abteilungsleitung der Meinung, dieses Land für das künftige Pfadiheim nun zu kaufen. Dazu wird am 18. Januar 1938 der Heimverein, damals noch unter dem Namen «Verein für das Pfadfinderheim Wallisellen-Dübendorf» gegründet. Der Verein kann den Platz oberhalb des Schützenhauses kaufen und den heutigen Heimplatz pachten.

Jetzt kommt Glück ins Spiel: Der Schiessverein will 1938 das Eidgenössische Feldsektionsschiessen für die Vereine der Umgebung durchführen und eine Festwirtschaft aufstellen. Dazu muss er jetzt aber beim Heimverein um die Genehmigung für das Aufstellen einer Festbude ersuchen. Weil das nicht mehr vorkommen soll und ein einmal gebautes Pfadiheim vielleicht sogar eine Festbude verunmöglichen würde, wird die Gemeinde von einem Landabtausch überzeugt: der Heimverein kommt in den Besitz des heutigen Grundstücks.

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Die gute Tat

Aus dem Rudelbuch Star, 1937

«6. Mai: Tag der guten Tat» lese ich vor dem Coop. Mir kommt in den Sinn, wie wir in den Wölfen einmal eine «Aktion gute Tat» machten.  Alle führten eine Liste und notierten jeden Tag ihre gute Tat. Wer Ende Quartal die meisten guten Taten notiert hatte, gewann einen Preis. Beim Ausfüllen meiner Liste musste ich manchmal überlegen. War jetzt «Meiner Schwester meine Chäpsli­pistole ausge­liehen» eine gute Tat oder nicht einfach eine Selbstverständlichkeit?

Der Gründer der Pfadibewegung, Bi-Pi (Baden-Powell) hätte sich wohl über meine Überlegungen gefreut. Es ist ihm mit «und jeden Tag eine gute Tat» gelungen, einen Slogan für stetige Hilfsbereitschaft zu schaffen und in der Pfadibewegung zu verankern.

Für die «gute Tat» warb Bi-Pi schon vor der Gründung der Pfadi. Als für seine Erfolge im Burenkrieg bewunderter hoher Offizier der britischen Kolonialarmee hatte er eine Patenschaft für eine Nichtrauchervereinigung eines Knabenchors übernommen. Den jungen Sängern schrieb er 1901:

«Jeder Chorknabe sollte aktiv Gutes tun … Mit „Gutes tun“ meine ich, dass ihr euch nützlich macht und anderen Menschen seien es Freunde oder Fremde kleine Gefälligkeiten erweist … Nehmt euch vor, jeden Tag jemandem eine „gute Tat“ zu erweisen, und ihr werdet euch bald angewöhnen, immer „gute Taten“ zu vollbringen.» (Tim Jeal: Baden Powell, Yale University Press, 2001, S. 363).

Für die Pfadi illustrierte er den Gedanken in seinem «Scouting for Boys» 1907 – aus heutiger Sicht klischeehaft – mit einem sportlichen Knaben, der einem Mädchen beim Anklopfen an eine Tür hilft:

Aus «Scouting for Boys» 1908 (eBook, Projekt Gutenberg)

Die Idee der guten Tat kam in den ersten Versionen des Pfadigesetzes vor und wurde auch im Gloggi aufgenommen:

«Der Pfadfinder ist hilfsbereit, und ist bestrebt, täglich wenigstens eine gute Tat zu vollbringen» lautete damals ein Punkt des Pfadigesetzes.
A Boy Scout’s Necktie

Bi-Pi machte Anregungen, wie diejenige einen Knoten in die Kravatte zu machen, um immer an die gute Tat zu denken. Sein Bild zeigt, wie er sich das vorstellte (Aus «Scouting for Boys» 1908 (eBook, Projekt Gutenberg)

Bi-Pi meinte auch, eine einmal vergessene gute Tat könne am nächsten Tag nachgeholt werden, indem man dann einfach zwei gute Taten tue.

Dass die Idee der guten Tat auch für zweifelhafte Anliegen verwendet werden konnte, zeigt ein Ausschnitt aus der CVJM-Zeitschrift «Die Glocke», die von deutschen Pfadfindern berichtet, die Schundliteratur gesammelt und sie «den Flammen eines Scheiterhaufens» übergeben hätten:

«Die Glocke, Juli 1914»

Im Gloggi-Archiv zeigt sich, wie die Idee der guten Tat durch all die 111 Gloggi-Jahre verfolgt wurde. Bis in die 1950er-Jahre beschenkten Pfadigruppen zum Beispiel an Weihnachten jeweils arme Familien.

Hier zeichnet die Gruppe Leu aus dem Kim 1943, wie sie sich in einer Strasse im Kreis 4 vor eine Wohnungstür schlichen.

Dort legten sie dann Geschenke vor die Tür einer bedürftigen Familie. (Bilder aus dem Gruppenbuch Leu/ Kim)

Das 40-Jahr-Jubiläum der Pfadiabteilung Glockenhof wurde 1952 auch begangen, indem jede Gruppe bei einem Bauern übernachtete und dort eine kleine gute Tat «verrichten musste».

Aus dem Jahresbericht 1951/52

In vielen Programmen und Erinnerungsbüchern liest man vom Engagement für Mit­menschen, Gesell­schaft und Umwelt. Pfadis organisieren Kinderlager oder helfen bei Bergbauern, sie singen in Alters- und Krankenheimen und spielen dort Theater (z.B. hier 1970 die «Aktion Bombach»)

Theater spielen für Alte und Kranke (Aktion Bombach, 1970, aus dem Gruppenbuch «Schwan», Waldmann, Dübendorf)

In vielen Programmen und Erinnerungsbüchern liest man vom Engagement für Mit­menschen, Gesell­schaft und Umwelt. Pfadis organisieren Kinderlager oder helfen bei Bergbauern, sie singen in Alters- und Krankenheimen und spielen dort Theater (z.B. oben 1970 die «Aktion Bombach») Später kommen Wald­putz­aktionen, Natur­schutz- und Entwicklungs­zusam­menarbeits­projekte usw. dazu. Und bald werden wir ja am Tag der guten Tat von neuen guten Taten hören.

Bahren in der Pfadi

Vor 25 Jahren wurde die Archivgruppe gegründet. Wir feierten das Jubiläum mit einem Posten am Gloggi-Tag. Dort erzählte der Gloggi-Geist unter anderem davon, wie die Pfadi früher mit Bahren Verletzte rasend schnell über Stock und Stein transportiert hätten. Die Pfadi bauten am Posten selbst eine Bahre und rannten mit einem «Verletzten» über einen Parcours. Das sah dann nicht genau so aus, wie vor 80 Jahren auf der Allmend Brunau, aber doch so ähnlich:

Gruppenbuch Leopard/ Wiking 1953-1958

Aber wie kamen die Bahren in die Pfadi? Und rannte man mit Verletzten wirklich durch die Gegend? Das muss sie ja ganz schön durchgeschüttelt haben. Gruppenbücher und andere Unterlagen im Gloggi-Archiv geben Auskunft:

Der Gründer der Pfadi, Bi-Pi be­schrieb 1908 in seinem ersten Buch für Pfadi, «Scouting for Boys», dass Pfadi um «allzeit bereit» zu sein, natürlich auch in Erster Hilfe ausgebildet sein müssten. (Text und Bilder der ursprünglichen Ausgabe von 1908 sind im Projekt Gutenberg verfügbar). Er machte gerade ein Beispiel von sich selbst und zeichnete, wie er behandelt worden war, als er sich in Indien die Schulter ausgerenkt hatte. In diesem Buch gab er auch Anleitungen für den Bahrenbau.

Bi-Pis Schulter wird in Indien wieder eingerenkt (aus Scouting for Boys, 1908)

Verwundetentransporte mit Bahren wurden bald so etwas wie ein Markenzeichen der Pfadi. Als der CVJM 1913 Werbung für die Pfadi mach­te, erschien in seiner Zeitschrift «Die Glocke» auch ein Bild von Pfadi, die Verwundete trans­por­tieren (links).

„Die Glocke“, 1913 und Chocolat Tobler, 1928

Pfadi beim Verwun­deten­trans­port sieht man auch auf den Sammel­marken (damals so eine Art Panini-Bilder) der Schoggifabrik Tobler in den 1920er-Jahren (rechts).

Das Fixieren von gebro­chenen Knochen und der Transport von Verletzten bis zur nächsten Strasse wurden regelmässig geübt. Auch bei Wettkämpfen mussten die Gruppen Bahren bauen und «Verwundete» möglichst schnell transportieren.

Dass Bahren manchmal gebraucht wurden, zeigt ein Gruppenbuch der „Hunnen“ von 1932. Bei einem Pfadiskirennen war auch eine Schanze eingebaut worden, neben der zwei Pfadi für den Fall der Fälle mit einer Bahre warteten. Zeichnungen in Gruppenbüchern zeigen, dass sich die Pfadi beim Üben auch gut amüsierten

Skilagerbuch „Hunnen“ 1932/33

Gruppenbuch Voss 1936/37

Meistens brauchte man ja die erworbenen Kenntnisse zum Glück nicht, es waren eher Blasen an den Füssen behandeln

Oder je nachdem musste auch einmal ein blaues Auge behandelt werden. In Gruppenbüchern ist auch von Übelkeit, die in Herbstlagern herrschte und Kranken mit Fieber zu lesen.

Gruppenbuch Voss 1936/37

Irgendwann verselbständigten sich dann die Wettbewerbe, welche Gruppe wohl am besten in Erster Hilfe sei. Man rannte nicht nur mit Bahren um die Wette, sondern liess die «Verwundeten» auch selbst rennen, führte «Samariterstafetten» durch. Ich kann mich noch gut erinnern, wie wir in den 1960er-Jahren mit einem eingeschienten Bein und einem fixierten Arm Hindernisläufe absolvierten.

Samariterstafette 1942

Dass die zu Übungswecken auf den Bahren Transportierten manchmal abstiegen, wenn sie zu sehr durchgerüttelt wurden, ist in einem Zugsbuch der Manegg von 1964 beschrieben:

«Schliesslich wurde ich auf eine Bahre gelegt und solange geschüttelt und gerüttelt, bis ich erklärte, dass ich lieber heim laufe, statt getragen zu werden» beschreibt eine Pfadi hier.

Bahrenbau und -transporte wurden lange in den verschiedenen Auflagen der Pfaditechnik beschrieben und in die Hefte für die verschiedenen Prüfungen eingetragen.

Unterdessen ist der Bau von Tragbahren aus der Pfaditechnik verschwunden – und man macht vermutlich auch keine Wettrennen mit Bahren mehr. Aber Spass hat’s gemacht, beides am Gloggi-Tag nochmals aufleben zu lassen.

1938: Bundeslager in Zürich

1938 fand das Bundeslager auf dem Adlisberg in Zürich statt, gleich neben dem Dolder in unmittelbarer Stadtnähe. Es war das dritte Bundeslager, das der schweizerische Pfadibund organisierte. Erklärtes Ziel des Bula 1938 war, die «Gewinnung der öffentlichen Meinung des ganzen Landes» für die Pfadibewegung. Es sollte der ganzen Schweiz klar werden, dass die Pfadibewegung eine wichtige, patriotische, sportliche Bewegung mit hohen Idealen war.
Um dieses Ziel zu erreichen wurde in den Turnhallen am Pfauen auch eine grosse Pfadiausstellung durchgeführt.

Der Gloggi, als wichtige Zürcher Abteilung, wollte im Lager einen möglichst guten Eindruck hinterlassen. Dazu gehörte eine gute Vorbereitung, aber auch etwas Druck. Wer ohne wichtigen Grund nicht am Lager teilnahm, wurde kurzerhand für drei Monate vom Pfadibetrieb ausgeschlossen. Diese Bestimmung der Abteilungsleitung sorgte allerdings für ziemlich Diskussionen im Elternrat, der vor einem solchen weitreichenden Entscheid gerne begrüsst worden wäre.

Gleichzeitig begann man schon früh, für die verschiedenen Wettkämpfe zu trainieren, es würde Leichtathletikwettekämpfe, Schwimmen, einen «Fähnlilauf» mit Pfaditechnik und eine Handballmeisterschaft geben.

Die Zürcher Pfadi als Gastgeber waren im Vorlager sehr gefordert, besonders stolz waren die Gloggi-Pfadi auf den von ihrem Stamm «Wulp» errichteten Aussichtsturm. Nachdem alles bereit war und der Gloggi im strömenden Regen am Sonntag schon seine Zelte aufgeschlagen hatte, war es ab Montag dann bestes Lagerwetter und 7000 Pfadi aus der ganzen Schweiz stellten kantonsweise ihre Zelte auf

Die Öffentlichkeit nahm regen Anteil am Bundeslager, das täglich bis 20 Uhr für Besuchende geöffnet war. Die Dolderbahn war immer voll ausgelastet.

Einzelne Programmbestandteile waren auch Teil der «geistigen Landesverteidigung». So beteiligte sich aus jeder Einheit ein Venner am Eröffnungstag an der Kranzniederlegung am Wehrmännerdenkmal auf der Forch – eine Zeremonie, die auf die Beteiligten grossen Eindruck machte.

Es wurden viele Ausflüge gemacht, in die Stadt und bis zum Sihlsee und an den Rheinfall. Die Gloggi-Pfadi am Lagerausgang hatten eine nicht einfache Aufgabe, als sie aufpassen mussten, dass ohne Pfadihut niemand das Lager verliess.

Beim Lagerbau hatte der Gloggi auf ein traditionelles Lagertor gesetzt, in die Zürcher Illustrierte brachte es dann allerdings das Flamberg-Schwert und auch die Berner Patria-Spinne wurde weitherum beachtet.

Dafür besiegte die Gloggi-Mannschaft den Flamberg im Handball schon im Halbfinal und wurde im Final gegen das Stadtkorps Schweizer Pfadimeister. Auch am Fähnlilauf, einem Wettkampf der Pfadigruppen, schnitten die 27 Gruppen aus dem Gloggi sehr gut ab, in der Abteilungsrangliste gewannen sie. Hier eine Gloggigruppe am Posten «Hindernislauf»:

Damit sich die teilnehmenden Gruppen nicht gegenseitig erzählten, was an den Posten verlangt wurde, wanderten sie nach dem Postenlauf direkt auf den Flugplatz Dübendorf, wo sie eine Führung mitmachen durften. (Bild ETH e-pics)

Als eindrücklicher Höhepunkt des Lagers wird in vielen Gruppenbüchern und Zeitungsartikeln die Erstaugustfeier beschrieben. In einer Zeit, in der Schweiz bedroht war, war das grosse Lagerfeuer auf der Dolder-Eisbahn mit vielen Fackeln und einer Rede von Bundesrat Minger ein wichtiges Symbol des nationalen Zusammenstehens.

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Der Tages-Anzeiger hat auf seinem Fotoblog Impressionen aus dem Bula 1938 zusammengestellt:

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Memoriav, das das audiovisuelle Gedächtnis der Schweiz sammelt und präsentiert, hat auf seinem Portal «Memobase» eine schöne Zusammenstellung all der vergangenen Bundeslager und ganz allgemein von Radio- und TV-Beiträgen zur Pfadibewegung gemacht.

https://memobase.ch/de/vitrine/allzeit-bereit-eine-audiovisuelle-spurensuche-der-pfadibewegung-schweiz

Die Bläsimühle als Gloggiheim

(Zur Bläsimühle vor dem Gloggi, beachte diesen Blogbeitrag)

Zu Beginn der 1970er-Jahre findet sich in Stadtnähe immer weniger für den Pfadibetrieb geeignete Natur. Zudem erwartet man, dass die Schule bald die Fünftagewoche einführen wird.

Der Gloggi will darum vermehrt auf Wochenendbetrieb setzen. Es wird eine «Aktion Forsthütten» gestartet, der Gloggi mietet für den Wochenendbetrieb Fortshütten an. Zudem sucht er aber dringend ein drittes Pfadiheim.

Am 3. April 1973 setzt die Generalversammlung des Heimvereins eine Heimbaumkommission ein. Der Vizepräsident des Heimvereins, Pieps, ackert sich durch Inserate. Ein zunächst vielversprechendes Projekt in Egg kommt nicht zu Stande

«Frau Pieps», Vreni Wyss beginnt zu telefonieren «em Tüüfel es Ohr ab», wie sie schreibt.

Nach Telefonen mit über 60 Immobilien­firmen wird sie fündig.

Bei einer ersten Besichtigung präsentiert sich die Bläsimühle als zum Teil renovationsbedürftig, für ein Pfadiheim aber ideal. Es hat viel Platz, der Mühleraum ist für Schlechtwetteraktivitäten ideal und die Umgebung für den Pfadibetrieb perfekt.

15. Aug. 1973Der Vorvertrag mit den Gebrüdern Frei wird unterzeichnet.
28. Aug. 1973Eine ausserdordentliche GV des Heimvereins beschliesst einstimmig den Kauf.
19. Sept. 1973 Der Korpsführerrat und eine Woche später der Korpsrat stimmen ebenfalls zu.
Ende Sept.Der Heimverein kauft die Bläsimühle vorerst mit Fremdkapital.
Es beginnen Finanzaktionen und der Umbau, an dem die Aktiven unzählige Stunden beteiligt sind.

Obwohl danach noch über ein Jahr weitergebaut wird, folgt die Einweihung am 15./16. Juni 1974

Die Bläsimühle wird ab 1974 eifrig benutzt für Ausbildungskurse, Weekends, Lager, Abteilungsfeste.

Auch für Klassenlager eigent sich das Heim ausgezeichnet. Es wird von allen Stufen rege genutzt. Die Schulklassen interviewen auch die Familie Frei und graben auf der Gemeinde alte Akten aus.

Das Alter der Bläsimühle, die intensive Nutzung und neue Ansprüche z.B. an die sanitären Anlagen, machen weitere Umbauetappen nötig:

1984 Dach und Waschraum werden saniert (Etappe I)
1989Im Schopf werden verfaulte Balken und Sparren ersetzt (II)
1991Verbesserung des Raumklimas (III)
1992wird bereits die Ausbauetappe IV abgeschlossen. Auch Fassade und Fenster sind saniert.
1993 Zum 20 Jahr-Jubiläum erstrahlt die Bläsimühle «in neuem Glanz»
Rösli Frei amtet seit 20 Jahren als Verwalterin und hat 82’000 Übernachtungen erlebt
Pieps tritt aus dem Heimvereinsvorstand zurück und erhält zum Abschied ein Bläsimühlemodell, um es in seine Modelleisenbahnanlage einzubauen
1994bringt dann ein Kaminbrand die Bläsimühle ernsthaft in Gefahr.
Einige Räume müssen für zwei Monate gesperrt und renoviert werden.
Zürcher Oberländer, 28. Februar 1994

Viel schlimmer kommt es dann im September 2001, als der ganze Dachstock ausbrennt und ein sehr hoher Sachschaden entsteht.

Zum Glück kann die Bläsimühle gerettet werden.

Nach einem grossen Küchenumbau kann Heimgötti Telex 2009 im GP schreiben: «D Bläsimühli isch fit».

Durch all die Jahre ist sie aus dem Gloggi nicht wegzudenken.

Und jetzt, 50 Jahre nachdem der Gloggi die Bläsimühle kaufen konnte, macht sich der Zahn der Zeit wieder bemerkbar, verschiedenste Renovierungsarbeiten stehen bevor. All die Generationen von Pfadi, denen die Bläsimühle in den letzten 50 Jahren ein Stück Heimat geworden ist, werden den Heimverein sicher dabei unterstützen, sei es finanziell, sei es durch Mitarbeit.

Die Bläsimühle vor dem Gloggi

Im Juni 2022 trafen sich der Heimverein und der APV in der Bläsimühle zu ihren Generalversammlungen, dieses Jahr gekoppelt mit dem APV-Grill, einer schönen Gelegenheit, viele Ehemalige wiederzusehen. Für die Archivgruppe war das auch Gelegenheit, auf einigen Plakaten die Geschichte der Bläsimühle darzustellen. Hier eine Zusammenfassung in zwei Blogbeiträgen:

Teilnehmer:innen der Generalversammlung im Müliraum

Die Bläsimühle vor dem Gloggi

https://maps.zh.ch/lubis?gyger=1&x=14344.19&y=20011.44&zoom=5&rotation=0

1467Die Bläsimüli wird im Steuerrodel der Stadt Zürich erstmals erwähnt.
Der Name könnte von einer um 1370 genannten Kapelle, die dem heiligen Blasius geweiht war, stammen. Möglich ist auch, dass die Mühle einem Blasius gehörte.
1648 
Es besteht vermutlich bereits eine Sägerei neben der Mühle. Die Gemeinde bezahlt dem Bläsimüller einen Sagerlohn.
1655Ulrich Müller (verheiratet mit Barbara Frei) kauft die Bläsimühle.
1660Er baut ein neues Wohnhaus mit Mühle.
Die Bläsimühle wird als «Kundenmühle» betrieben, Bauern bringen ihre Ernten zum Mahlen in die Mühle. Sie ist für die Verarbeitung von Hafer zu Mehl bekannt.
1804sind der Bläsimühle neben der Sägerei auch zwei Wein­schenken angegliedert.
1812
Die Bläsimühle verfügt auch noch über eine Nebenmühle , eine «Knochenstampfi». Knochenmehl ist ein wichtiges Düngemittel.
1816
Die verheerende Hungersnot 1816/1817 wirkt sich auf die Mühlen aus. Sie haben viel weniger zu mahlen und sind Ziel von Bettelzügen, teilweise auch von Raubüberfällen und Morden.
.«…die Menschen wehklagten und welkten dahin in Hunger und Krankheit. Scharenweise strömten die Bettler herbei; ihre blassen, erdfalben, aufgedunsenen Gesichter, die angeschwollenen Füsse, der matte Gang, o, wie war dies ein Bild des Jammers und entsetzlicher Not»
Jakob Stutz aus der benachbarten Mühle Balchenstahl bei Hittnau (Siebenmal sieben Jahre aus meinem Leben, Frauenfeld: Huber 1983, S. 284f.)
Dass die grosse Klimaveränderung («Das Jahr ohne Sommer») auf den Ausbruch des Vulkans Tambora im heutigen Indonesien zurückzuführen ist, weiss man erst viele Jahrzehnte später.
1840Die Mühle durch zwei oberschächtige Wasserräder betrieben.
oberschächtiges Wasserrad
(in der Bläsimühle befand sich das Rad in einem Wasserradkasten)
1843Erbauung der grossen Mühlenscheune, die für den Landwirtschaftsbetrieb genutzt wird
1845/47


In diesen Jahren herrscht wegen Missernten (Kartoffelkrankheit) grosse Teuerung, die Mechanisierung der Weberei führt zu Verdienstausfällen und Armut. Andere Gemeinden betreiben Suppenküchen, Russikon ist es möglich, «mittelst wöchentlicher Austheilung von Mehl in der Bläsimühle der Noth zu steuern». Vogel: Memorabilia Tigurina, 1853, S. 422
1848/49Der Kanton baut die Strasse III. Klasse von Fehraltorf über Russikon nach Wildberg, er beschäftigt dazu hauptsächlich verdienstlose Arbeiter.
Müller Jakob Kägi führt einen Umbau von Wohnhaus und Mühle durch. Mit den Veränderungen von
1862entsteht ein stattlicher langgestreckter Bau unter einem Satteldach. Die Bläsimühle nimmt in etwa die heutige Form an.
Zustand nach 1862 (Zeichnung verwendet auf dem Titelblatt GP 1973)
1869 Der Nachlass von Müller Jakob Schellenberg muss konkursamtlich verwaltet werden. Die Bläsimühle wird zum Verkauf ausgeschrieben.
Volkszeitung für das Zürcher Oberland, Dezember 1869
1872 Heinrich Frei kauft Wohn- und Mühlengebäude, Sägerei und Wasserradhaus, die grosse Scheune, Acker-, Wiesland und Wald.

(https://maps.zh.ch/ Wildkarte 1850 und Siegfriedkarte 1880)

Das Gebiet der Bläsimühle wird ab Mitte 19. Jahrhundert zum eigentlichen Industriegebiet.

Die Wasserkraft wird mit Wasserrädern und Turbinen rege genutzt. Das Wasser wird in Kanälen von einer Nutzungsstelle zu anderen geführt und in Weihern gespeichert.

Neben Mühle und Sägerei der Bläsimühle sind hier die «obere Bläsimühle» bzw. «Neubläsimühle», eine relativ kleine Spinnerei mit 1600 Spindeln und eine Teppichweberei angesiedelt.

Eine Schulklasse hat in den 1980er-Jahren in ihrem Klassenlager das damalige Kanalsystem sehr genau nachgezeichnet (siehe unten). Unklar ist einzig, wo bzw. in welchem Haus die Spinnerei von Heinrich Schneider stand, sie ist auf der Wildkarte und in den «Mittheilungen aus den Akten der zürcherischen Fabrikkommission» von 1858 erwähnt.

Die ebenfalls hier angesiedelte Zündholzfabrik der Gebrüder Hürlimann mit ihren «Mühlrad»-Zündhölzern ist weitherum bekannt. (Bilder: Hans Keller: Chronik der Gemeinde Russikon, 1998)

1890 wird der Wirtschaftsbetrieb (d.h. die Weinschenke) eingestellt.
1933 Die Mühle wird stillgelegt, Wasserrad und Wasserradkasten werden 1943 abgebrochen.
Der Landwirtschaftsbetrieb wird weitergeführt.
1972 Weil die Landwirtschaft jetzt vom nahen Bauernhof «Mühlenhof» aus betrieben wird, stehen Bläsimühle und Scheunen zum Verkauf. Der Kanton stellt die Scheune, die abgebrochen werden soll, unter Schutz.
1973erfolgt der Verkauf der Bläsimühle durch die Familie Frei an den Heimverein
Kanalsystem (Klassenlagerbericht o.J.)

Bis 1933 bringen Bauern ihr Korn zum Mahlen in die Bläsimühle. Das Mahlen kann man sich mit Hilfe einer Zeichnung der Schulklasse, die nach Interviews mit der Familie Frei entstand und einer Fotografie des Mühleraums vor dem Umbau ungefähr vorstellen:

Mahlen in der Bläsimühle (Zeichnung einer Schulklasse, o.J.)

Zusammengestellt mit einem Artikel von Hans Keller im Mitteilungsblatt der Gemeinde Russikon vom September 1992 (Staatsarchiv Zürich Dc R 32.1g) und der Chronik der Gemeinde Russikon von 1998.

Und hier der Blogbeitrag zur Bläsimühle als Gloggiheim.

Pfingsten vor 60 Jahren

Seit 1954 bin ich im Gloggi. Zuerst bei den Normannen, dann in den Roverrotten «Leif Erikson» und «Waräger». Heute bin ich Ruheständler im APV.

1962 war ich Mitglied der Rotte «Leif Erikson» und der ganze Gloggi war männlich, bis auf die Wolfsführerinnen. Wir beschlossen den Pfadis unseres Zuges Normannen an diesen Pfingsten ein positives Bild der Roverei zu vermitteln, um später Nachzug zu erhalten, denn bei uns war drum einiges los. Wir waren zwar im Hölloch, gingen aber in den Sommernächten bräteln und besassen ein selbst in Stand gestelltes Rottenauto, u.s.w., nicht gerade pfaderisch, dafür sehr roverisch. Am Pfingstmontag wollten wir bei ihrem Lagerplatz an der Thur mit einem selbst gebauten Floss landen.

Bauen und Testen des Flosses

So traf sich die Hälfte von uns am Samstagmorgen in Witikon. Die andere Hälfte kutschierte im Laufe des Nachmittags mit den Zelten und dem Baumaterial zum Rover-Lagerplatz in Gütighausen an der Thur (oberhalb Andelfingen) und errichteten das Lager. Wir vier marschierten von Witikon über Dübendorf-Dietlikon-Nürensdorf-Pfungen und Humlikon nach Andelfingen Zur Route ist zu bemerken, dass es im ganzen Kanton Zürich noch keine einzige Autobahn gab. In Andelfingen wurden wir mit dem Rottenauto, «Hillman Super- Minx Cabriolet, Jg. 1951» abgeholt und zum Lagerplatz chauffiert. Am Sonntag bauten wir unser Floss aus Dachlatten, Lastwagenschläuchen und Stricken zusammen.

Los geht’s

Am Montag testeten die einen das Floss, während wir vier Flussfahrer unsere Rucksäcke packten. Zur Steuerung unseres Gefährts wurden noch schnell 4 Ruder zusammengenagelt. Dann wurde verladen, die Fahne gehisst und los gings auf dem Rücken der Thur in zügigem Tempo Richtung Andelfingen.

Wir passierten die Brücken der Lokalstrassen und die Eisenbahnbrücke. Nach der Weinlandbrücke landeten wir beim Pfadi-Lagerplatz und wurden dort mit Hallo empfangen. Natürlich waren wir die «Sibesieche».

Besuch bei den Pfadi

Weiter ging es auf der Thur und unterhalb Ellikon auf den Buckel von Vater Rhein, bis jetzt immer in zügigem Tempo bis nach der Rüdlinger Brücke. Ab dort wurden wir immer langsamer. Der Stau des Eglisauer-Kraftwerks verlangsamte die Strömung. Ab der Tössegg trieben wir noch mit weniger als 1.5 kmh und es wurde immer heisser.

2 Stunden später landeten wir hungrig und durstig am Ziel in Eglisau etwa 500 Meter oberhalb der Schifflände und dort wohne ich jetzt 28 Jahren.

Der Rest unseres Pfingsterlebnisses wäre rasch erzählt, aber ich lasse es bei dieser persönlichen Pointe.

Armin Günter v/o Chäfer

Züritüütsch, english und so….

Instagram meldet, es seien neue Fotos geteilt worden. Ich freue mich über die Fotos und Texte. Dass sie in einem munteren Sprachmix aus Züritüütsch, Deutsch und Englisch geschrieben sind, fällt mir gar nicht besonders auf. Auch dass meist nur klein geschrieben wird, ist selbstverständlich: hammer location here wird aus dem Sommerlager berichtet und chlausivibes kommen aus dem Chlaus­weekend, und wenn von der Gloggiparty berichtet wird, schreibt man vo däre phänomenale fete.

Posts auf Instagram

Aber wie war das eigentlich in den Vor-Social-Media-Zeiten? Beim Durchblättern alter GPs bin ich erstaunt:

Englisch war im GP schon seit den Anfängen der Zeitschrift 1930 zu lesen. I hope the Golden Arrow will keep moving schrieb Bi-Pi in der zweiten Nummer. Immer wieder waren ganze Artikel in Englisch geschrieben. Die damalige Redaktion wollte die Internationalität der Pfadibewegung hervorheben. Man schrieb über The rover movement in Switzerland und ein Artikel über our troop erzählte die ersten zwanzig Jahre Gloggi-Geschichte. Es war den Leitern ein Anliegen, dass auch andere Pfadis weltweit lesen konnten, wie man in der Schweiz Pfadi machte, die Zugehörigkeit zur «weltweiten Brüderschaft» sollte betont werden.

Signet, unter dem im GP jeweils Meldungen über die Pfadibewegung in der ganzen Welt erschienen

Noch viel häufiger als englischsprachige Artikel waren aber Artikel in Französisch zu lesen. Seitenlang berichten Pfadis aus Paris über ihre Aktivitäten.

Neben der Internationalität wurde aber auch der nationale Zusammenhalt in der Pfadibewegung stark betont. Immer wieder wurden Briefe aus der Romandie abgedruckt. Chèrs amis éclaireurs du Glockenhof, voici une lettre écrite par un de vos camarades lausannois. Aus dem Tessin wurden ricordi scout in italienischer Sprache geteilt.

Auch konsequente Kleinschreibung ist im GP der 1930er Jahre sehr häufig. Sogar der Abteilungsleiter schrieb seinen Leitartikel klein und ein Artikel über den Bau eines Klappsteges begann 1930 so:

(GP 2 / 1930)

«Warum gross schreiben, wenn man nicht gross sprechen kann?» war damals die Devise. In verschiedenen Jugendbewegungen, so auch im Gloggi wurde die konsequente Kleinschreibung ausprobiert, aber auch die Stadtverwaltung von Biel schrieb z.B. 1934 ein halbes Jahr alles klein. (vgl. Wikipedia: Kleinschreibung)

Aber Zürichdeutsch wurde damals nicht geschrieben? Weit gefehlt. Im Dialekt verfasste Artikel waren häufig und 1934 erschien ein gan­zer GP ausschliesslich in «Züridüütsch»: Lönd i eue Dialäkt nüd neh. Es isch bim Gugger die höchst Ziit, das mer wieder echli meh reded wie-n-is- da Schnabel gwachse-n-isch war da zu lesen. Im Jahr nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten in Deutschland war die Verwendung des Dialekts auch ein Beitrag zur geistigen Lan­desverteidigung. Sogar der Goldene Pfeil hiess jetzt De goldig Pfil.

Züritüütsch, Englisch (aber auch Französich und Italienisch) und Kleinschreibung: Das hatten wir also alles vor 90 Jahren schon. Der Unterschied liegt wohl darin, dass damals mit der Schreibweise immer ein Ziel verfolgt wurde. Man wollte die Internationalität der Pfadi, den Zusammenhalt der Pfadi in der Schweiz über die Sprachgrenzen hinweg betonen, sich mit dem Dialekt vom Deutschen abgrenzen oder sich mit Kleinschreibung für eine einfachere, modernere Rechtschreibung einsetzen. Heute nutzen wir all die sprachlichen Möglichkeiten kreativ, einfach aus Freude daran.